Der Vermieter

Ich schau nur noch Sendungen in denen Menschen weinen. Unterhaltungswert ist kostbar, zahlt aber nicht die Miete. Am Montag lag ein Schreiben im Briefkasten. Mein Vermieter wolle die Anzahl der aufgespritzten Lippen im Privatfernsehen kontrollieren und gegebenenfalls die Miete erhöhen. Man könne ja nie wissen und es seien ja ohnehin ganz schön verrückte Zeiten. Und es müssen nun wirklich verrückte Zeiten sein, wenn der Ministerpräsident mit einem blauweißen Mundschutz täglich live auf Sendung geht. Ich drehe den Fernseher etwas leiser. Leere den Aschenbecher, räume die Weinflaschen weg. Sie klirren nicht einmal mehr unter ihrer Last.

Mit den Finger wische ich den Staub von der Verschlusskappe meines Shampoos. Das Wasser ist lauwarm. Er wolle gegen zehn Uhr da sein, sagte er mir am Telefon. Ob er denn Hunger mitbringen würde, fragte ich. Er verneinte, er bringe selten etwas mit außer guter Laune, aber er reise ohnehin am liebsten mit leichtem Gepäck. Auf die Frage, ob ich etwas vorbereiten solle, antwortete er, wenn er so recht überlege, so ein Happen könne ja doch nicht schaden, vielleicht Lachsschnittchen – aber auch Schnitzel wären in Ordnung. Die Kartoffelsuppe kocht auf dem Herd als es klingelt.

Hallo Herr Niederstraßler, schön Sie zu sehen. Wie es denn hier aussehe, will er wissen, als er mit seinem Gehstock gegen den Türrahmen klopft. Wir sitzen am Esstisch und reden übers Wetter. Er glaube da ja generell nicht dran. An die Meteorologen, frage ich. An die auch nicht, sagt er.