Der Autohändler schaut verwirrt, als ich ihm die Beweggründe meines Handels erkläre. Dreitausendachthundertachtundsiebzig Euro für die BahnCard – der Rest ist fürs Bordbistro. Von irgendetwas muss man ja leben und mit einem Schuhkarton voller Bewirtungsbelege kann man ja vielleicht sogar noch was von der Steuer absetzen. Fünftausend Euro sollten es sein für den alten Mercedes. Er ist gepflegt, sehr gepflegt sogar. Scheckbuchgepflegt, grundgereinigt, aufpoliert und ein Arzt ist auch öfters mal damit gefahren. Ein Schamane saß mal auf dem Beifahrersitz und auf der Rückbank hat mal ein Mönch seine Kutte vergessen. Das muss doch etwas bedeuten, erkläre ich ihm. Irgendetwas. Was ich denn im Zug wollen würde, fragt er mich. Ich erzähle ihm etwas vom mittleren Westen in Süddeutschland. Vom Parfum der Freiheit, zusammengemischt aus Zugöl und Blut. Von der Einsamkeit, dem Geräusch der Rollen auf den Gleisen, die ihre gegenüberliegenden Brüder und Schwestern ein Leben lang sehen aber nie berühren werden. Er versteht nicht. Ich werde deutlicher. Es geht um die Zeit. Die still steht, solange man nur aus dem Fenster blickt und alles verschwommen sieht, wie auf einem expressionistischem Gemälde. Um die Zeit, die nicht real ist, solange sie nur in rotleuchtenden digitalen Lettern auf einer Anzeige steht. Jeder hätte sie dort eintragen können. Die Russen sind doch mittlerweile auch recht fit in Sachen Computern und den Amerikanern könne man ja ohnehin nicht mehr trauen. Er nickt einige male. Es ist doch ganz einfach, erkläre ich ihm, nehme den Kugelschreiber, der sein Firmenlogo trägt und zeichne eine Linie aufs Papier. Solange der Zug von A nach B fährt, kann es kein C sein geben. Und er müsse mir doch zustimmen, es gäbe nichts gutes, was mit C beginnen würde. Chloake, Chemie, Chronisch, Chirug. „Was ist mit Currywurst?“, unterbricht er mich. Die sei gut, sehr gut sogar, antworte ich. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel und an die müsse man sich ja schließlich halten. Er nickt mir zu. Überreicht mir den Kaufvertrag. Viertausendachthundert, sagt er. Auf den Polstern seien Flecken. Ich unterschreibe.
Gleisenreisen
Sep. 1.2020