Ganze Bibliotheken könnte man über die Glückseligkeit des Rausches füllen. Enzyklopädien über die Freude des ersten Schlucks und die kurze Reue am Morgen danach. Man genießt die Momente der klaren Gedanken und der schier erdrückenden Wahrheit des Moments, doch sehnt sich immer nach der Hemmungslosigkeit der kalkulierten Ekstase. Wie wunderbar ist das nüchterne Leben mit klaren Sinnen und wachem Geist und wie herrlich der gelegentliche Rausch am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Man weiß um die Gefahr der Routine. Man kennt die wohlige Umarmung und überschreitet selbstgesteckte Grenzen viel zu oft. Doch all die Stempel im Reisepass der Trunkenheit werden am Endes des Tages doch auch nur zu Anekdoten am Tresen. Wie vorwurfsvoll der Begriff des Nervengifts, wie angenehm schwer ein volles Glas, eingeklemmt zwischen zwei Fingern, doch ist. Und manchmal, da vermisse ich das Jucken in der Nase und das Zögern zuvor. Die Freude die ich bekam und die Unschuld, die ich verlor. Verblasste Erlebnisse, niedergeschrieben in einem weingetränkten Notizbuch. Wie ironisch es doch ist – aus dem einem Laster eine Tugend und Kultur gemacht, aus dem anderen abendfüllende Spielfilme und Serien, die einem den Schrecken vor Augen halten. Das wohlige Gefühl, besser zu sein, als das, was auf sechzig Zoll vor einem geschieht. Denn letztendlich sind wir immer noch besser als die Anderen, schauen wir uns doch noch immer in die Augen wenn wir anstoßen.
Rausch
März 28.2022